2012-04-29 10:08:53
GO-Antrag auf Meinungsbild: Ob die Orga- und Versammlungsleitung für die gute Arbeit einen Gutenmorgenflausch verdient hat.
2012-04-29 10:09:14
Versammlungsleiter: Ich möchte der Versammlung mitteilen, dass der Orga und der Versammlungsleitung vor lauter Flausch ein Fell wächst.
Protokoll zum 1. Bundesparteitag der Piratenpartei 2012
Ein Erwachsener ist mündig, das heißt, er spricht für sich selbst, tritt für sich ein, übernimmt Verantwortung. Aber nach einiger Zeit tritt Ernüchterung ein – man erkennt, dass man doch nicht alles schaffen kann, was man sich erträumt hatte. Erwachsene gehen zur Arbeit, auf Twitter klagen sie, wenn es Montag ist – sie sind müde, weil sie Sonntag Abend nach dem Tatort auch noch den langweiligen Polit-Talk im Fernsehen angeschaut haben.
Und Politik muss offenbar genauso langweilig und nüchtern ablaufen, wie der typische Sonntag Abend, sonst ist sie nicht erwachsen, sondern infantil. “Wer glaubt, dass aus der Piratenpartei eine Inspiration oder Erneuerung der Parteiendemokratie erwüchse, muss mit dem Klammerbeutel gepudert sein.” schreibt die Welt; der Vorwurf: die Piratenpartei sei ein infantiler Haufen. Gerade das Kindische scheint für manchen das Bedrohliche an den Piraten. “Manche Ideen sind kindisch (Hochschulabschluss für alle), manche hanebüchen (weg mit geistigem Eigentum!)” ereifert sich das Handelsblatt entsprechend.
Ich glaube, diese Beobachtung ist richtig. Es gibt heute sehr viele “Erwachsene”, die sich unwohl im Bierernst der Erwachsenenkultur fühlen.
Kinder zerlegen Dinge in ihre Einzelteile. In einem bestimmten Alter stellen Kinder solange die Frage “Warum?” bis selbst der erfahrenste Dialektiker keine Antwort mehr kennt. Ich baue gerne mit Lego. Deshalb mag ich Minecraft und habe für die Firma einen 3-D-Drucker angeschafft. Ich kenne viele Leute in meinem Alter, denen es ähnlich geht. Programmieren hat für mich viel Ähnlichkeit mit dieser kindlichen Freude an analysieren und wieder aufbauen.
Kinder spielen gerne mit ihrer Identität. Von Erwachsenen erwartet man, dass sie nur noch eine Rolle spielen; erwachsenes Verhalten muss konsistent bleiben; es geht um Wiedererkennbarkeit und Berechenbarkeit. Auf der anderen Seite gibt es viele Menschen, die den Wunsch haben, ihre Identität selbst zu bestimmen und gegebenenfalls auch zu ändern. Das beginnt mit Autonymität – sich seinen Namen selbst geben zu dürfen. Aber letztlich geht es darum, uns selbst zu formen, wie den Avatar unserer Netz-Identität. Dieser Wunsch wird von den Ernüchterten als Kinderei abgetan oder sogar für gefährlich gehalten.
How can children grow up in a world in which adults idolize youthfulness? McLuhan
Der faszinierende Widerspruch zwischen den infantilen Erwachsenen und dem ansonsten herrschenden Kult der Jugendlichkeit ist, dass es uns nicht darum geht, das körperliche Altern zu leugnen. Das Kindliche ist etwas völlig anderes, als Jugendlichkeit.
Auch auf diesem Bundesparteitag der Piraten haben sich wieder lauter Leute auf Vorstandsämter beworben, die so gar nicht politisch geschliffen wirken. Der Versammlungsleiter ist mit einem Prinzessinen-Diadem im ZDF zu sehen und mittelalte Männer vertreiben Kinder aus dem Bällebad.
Vielleicht ist infantile Politik sogar das stärkste Versprechen, dass die Piratenpartei den Wählern macht. Das Wählerpotenzial, das von dieser politischen Kultur angesprochen wird, ist riesig – ich denke, es geht um mehr als 30 Prozent.
Ich hoffe, dass diese infantile politische Kultur sich weiter durchsetzt, damit auch die politische Geschäftsführung anderer Parteien auf übellaunige, bösartige Presseanfragen mit ROFLCOPTER GTFO antworten können.
Weiterlesen:
Die Lebensalter
Declaration of Liquid Culture
3 replies on “Als ich ein Kind war, tat ich wie ein Kind.”
[…] Vielleicht ist die politische Forderung “Hochschulabschluss für alle” gar nicht so kindisch und unrealistisch wie sie im Moment noch klingen […]
[…] Als ich ein Kind war, tat ich wie ein Kind. […]
[…] was ich selbst an der politischen Kultur der Piraten am meisten schätze – darüber habe ich jüngst schon geblogt. Ich halte diese “heilige Naivität” für unglaublich wichtig, denn es verhindert, in […]