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“Keinen Beschluss”

Die Fraktion hat keinen Beschluss für oder gegen esoterisches Heilertum. Die Fraktion lehnt Germanische neue Medizin ab. (piratenfraktion-berlin.de)

Parteien stehen für ein Programm. Mitgehangen mitgefangen. So war es jedenfalls in der guten alten Zeit. Damals (in den 80er Jahren?) war jedenfalls noch klar: die CDU steht für …, und die SPD eben für … (was irgend etwas anderes war). Es gab ganz klare Feinde: das waren die Extremisten – Leute, die dem parlamentarischen System kritisch gegenüber standen. Und in der Regel war dieses simple Weltbild tatsächlich richtig, denn die Parteien haben wirklich noch unterschiedliche Standpunkte vertreten und Extremisten waren häufig sogar vom MfS bezahlt.

Heute sind solche Holzschnitte nicht mehr brauchbar. Eine andere, vielleicht sogar “krasse” Meinung macht niemand mehr notweniger Weise zum Extremisten.

Liquid Democracy bedeutet, dass jeder Einzelne etwas beitragen kann und dann über die Vorschläge ein Konsens hergestellt wird. Konsens bedeutet nicht Mehrheit. Durch Mehrheiten werden diejenigen überstimmt, die anderer Meinung waren. Im Alltag von Parteien bedeutet das: wenn das betreffende Parteigremium einen Beschluss gefasst hat, stehen anschließend alle dahinter (jedenfalls wird das von den Parteimitgliedern erwartet).

Wenn man aber wirklich an direkte Demokratie glaubt, darf es keine Rolle spielen, ob es in jedem Fall Einheit hinter der Mehrheit gibt. Vielmehr ist es wichtig, sich darauf zu konzentrieren, in wesentlichen Punkten einen Konsens zu erzielen. Konsens bedeutet, wirklich dahinter stehen. Konsens bedeutet, dass man sich auf “die Wahrheit” einigt und nicht bloß “Meinungen vertritt”.

Es ist daher konsequent, dass die Piratenfraktion in Berlin einerseits eine Meinung vertritt – nämlich die eso-medizinische Richtung ihrer Geschäftsführerin abzulehnen, aber nicht, daraus eine Ideologie zu machen.

Es spielt tatsächlich für die Arbeit der Fraktion keine Rolle.

Nachtrag
Ich beziehe mich hier direkt auf einige Kommentare und Tweets, in denen völlig undifferenziert “alles Nazis!” gerufen wird. Bin ja selbst der letzte, der hierzu sonst tolerant wäre.