Jeder kennt das: man kauft ein Produkt und sofort fällt einem auf, was daran nicht so ganz 100% gut ist – oft Kleinigkeiten, bei denen man denkt: es wäre doch so einfach zu beheben! Problem: die Firma wird es in der Regel nie erfahren. Man könnte anrufen oder schreiben – aber in der Regel ist die Produktion schon so festgelegt – die Maschinen eingerichtet, die Werkstoffe eingekauft, dass kurzfristig selbst gravierende Schwächen nicht mehr auszugleichen sind.
Wie bekommt man das verteilte Wissen der Kunden ins Unternehmen? Und zwar rechtzeitig, schon bei der Entwicklung eines neuen Produkts? In vergangenen Zeiten hätte man Marktforschung gemacht. Man hätte sich einen Fragebogen ausgedacht, den potenziellen Kunden einen “Prototypen” gezeigt oder eine Gruppendiskussion geführt. Aber die Teilnehmer an der Forschung wären immer nur zufällig ausgewählt gewesen, irgendwelche Leute. Alternativ hätte man Berater oder Experten beauftragt, ein Gutachten zu erstellen, ob das neue Produkt tatsächlich den erwarteten Erfolg zeigen würde.
Co-Creation geht einen anderen Weg. Man beginnt mit einer sorgfälltigen Recherche im Netz, vor allem in Foren und anderen Social Media, welche Gespräche vielleicht schon über das betreffende Thema geführt werden. Dabei lernt man bereits viel über den “Stand der Technik” – aber vor allem: man findet wirkliche Experten, Menschen, die sich leidenschaftlich und vielleicht schon lange mit den Themen auseinandersetzen. Im nächsten Schritt schafft man eine Plattform, auf der die Menschen, die sich für das Thema interessieren, an der Entwicklung des neuen Produktes direkt beteiligen können. Experten oder Meinungsführer, die einem besonders wichtig sind, kann man explizit einladen, sich zu beteiligen. Statt also, wie früher, einen Prototypen im Labor zu entwickeln, dann Marktforschung zu machen und – mehr oder weniger auf gut Glück – das Produkt in den Markt zu werfen, hat man mit Co-Creation von anfang an die späteren Kunden an der Entwicklung beteiligt. Das Produkt entspricht genau ihren Bedürfnissen und alles mögliche Expertenwissen konnte in die Entwicklung einbezogen werden.
Klingt vielleicht Theoretisch? Viele der größten Unternehmen setzen seit Jahren Co-Creation zur Produktentwicklung ein.
Politik wird von Volksvertretern gemacht. Die sollen Entscheidungen treffen, die von Beamten in den Fach-Ministerien zusammen mit Experten aus Lobbygruppenn und Verbänden vorbereitet werden. Ob die Wähler mit der Entscheidung zufrieden sein werden, wird über Fragebögen erforscht. Diese Experten-Herrschaft, die Tatsache, dass die Abgeordneten eigentlich nur noch fertige Vorlagen abnicken, wird häufig kritisiert; zu recht! All das Wissen, all die Leidenschaft mit der sich viele Menschen mit den Themen auseinandersetzen, bleibt ungehört. Der Vorwurf, diese Experten-Politik sei zu weit von den Menschen entfernt, lässt sich nur schwer entkräften.
Warum also nicht Politik als Co-Creation betreiben? Die Einführung partizipativer Plattformen wie Adhocracy oder Liquid Feedback sind erste Schritte. Allerdings ist der Wissenstransfer in diesen Plattformen nicht das vorrangige Ziel, sondern die Unterstützung kollektiver Entscheidungsfindung. Warum also nicht den nächsten Schritt und auch das verteilte Expertenwissen der Menschen systematisch einbeziehen?
Die Hyve AG, spezialisiert auf co-Creation hat unlängst eine Abteilung ‘Open Government’ gegründet, die u.a. für die Bayerische Staatsregierung arbeitet. Jetzt sollte es darum gehen, kollektive Entscheidungsfindung und Co-Creation zusammenzufahren. Dann haben wir Politik 2.0.